1881 Als sechstes Kind des bekannten Verlagsbuchhändlers
Wilhelm I Leuchs und seiner Frau Lina, geb. Meister, kam sie am 15.
Dezember in Nürnberg zur Welt. Sie wuchs in einer weltoffenen,
großbürgerlichen Atmosphäre auf. Zunächst war
sie in Nürnberg Schülerin des Port'schen Instituts, dann
ging sie nach Friedrichshafen ins Paulinenstift und schließlich
ins Lohmannsche Institut. Mit 12 Jahren schrieb sie ihr erstes Drama
„Odin, Tor und Freya“. Daneben entstanden Gedichte und
Erzählungen. Der Privatunterricht des Altphilologen Dr. Schunck
lenkte Hanna Leuchs zur klassischen Dramenliteratur hin und vermittelte
ihr die Liebe zum Humanismus.
1899-1902 An der Münchner Universität
hörte sie Vorlesungen bei den Professoren Furtwängler
(Archäologie), von Heigel (Geschichte) und Muncker (Germanistik).
In ihrem ersten Münchner Jahr verfasste sie das historische
Schauspiel „Ulrich von Hutten“ und das Gesellschaftsdrama
„Hertha“.
Zusammen mit dem Literaturwissenschafter
Franz Muncker und dessen Frau unternahm Hanna Leuchs 1901 Reisen
in die Schweiz und nach Italien. Sie schrieb das Drama „Dämon“
und reiste im folgenden Jahr nach Dänemark, Schweden und Norwegen.
Ihre Märchenoper „Dornröschen“ wurde am 13.
April 1902 im Stadttheater Nürnberg aufgeführt.
1903-10 Heirat mit dem Oberingenieur Ernst Rademacher.
1904 kam der Sohn Hans Carl in Berlin auf die Welt; 1905 wurde der
Sohn Ernst geboren. Die Familie zog nach Leipzig.
1911-12 Im Verlag von Ernst Rowohlt in Leipzig
erschien das Drama „Johanna von Neapel“, das eine Frau
im Zwiespalt zwischen Liebe und Macht zeigt. Ein Jahr später
inszenierte Matersteig das Stück im Stadttheater Leipzig. „Ein
echtes Renaissanceschicksal, in packender Sprache, den rauhen Lauten
des Mittelalters dargestellt, im Rahmen knapper, streng gefaßter
Szenen. Der Erfolg war stark und unbestritten“ urteilte die
„Deutsche Tageszeitung“ in Berlin.
1914 Hanna Rademacher zog mit ihrer Familie nach
Düsseldorf in die Venloerstraße 22. Das Drama „Golo
und Genovefa“ erschien bei Kurt Wolff in Leipzig.
1920-23 In „Utopia“ werden kommunistische
und pazifistische Tendenzen der Zeit, in die Antike transponiert
und satirisch behandelt. Drei Jahre nach dem Druck erlebte das „heitere
Spiel“ im Neuen Schauspielhaus in Königsberg seine Uraufführung
und erfuhr durchaus Widerspruch: „ein Kuriosum, eine unpolitische
Satire auf eine politische Angelegenheit“ („Literarisches
Echo“, Berlin, H. 5, 1924).
„Golo und Genovefa“ wurde
ebenfalls 1923 uraufgeführt, am 15. Januar im Stadttheater
Saarbrücken: „Die Handlung ist wuchtig, gut aufgebaut
und durchgeführt; die Charaktere sind lebensvoll gezeichnet,
die Sprache ist von vollendeter Schönheit.“ („Landeszeitung
Saarbrücken“). Im gleichen Jahr erschien ein weiteres
Renaissance-Drama, „Rosamunde“, im Verlag des Ehemanns,
in dem auch die nächsten Stücke ediert wurden.
1925 Das Schauspiel um den großen Humanisten
„Wilibald Pirckheimer“, bereits ein Jahr zuvor gedruckt,
wurde unter der Regie von Eugen Herbert-Kuchenbuch am 27. April
im Stadttheater Bochum uraufgeführt. Dem Zeitgeist entsprach
ein deutschnationaler Zug des Stücks. Die „Deutsche Allgemeine
Zeitung“ in Frankfurt drückte dies sehr deutlich aus:
„Im: Vordergrund der Handlung steht Nürnbergs bester
Mann, Wilibald Pirckheimer, umtost von dem Gezänk der Parteibonzen
seiner Vaterstadt. Er aber hat nur einen einzigen Leitspruch für
sein Handeln: ,Nürnbergisch vor allem! Deutsch über allem!!
Übt Treue euch und dem Vaterlande! Was nur einen Menschen,
nur eine Stadt anzugehen scheint, wird ein Stück deutsches
Schicksal.“
In den zwanziger Jahren pflegte Hanna
Rademacher viele Freundschaften, so mit Walter Kordt, H. W. Keim
und Karl Lehmann, mit der Vortragskünstlerin Amelie Trescher-Schier
und mit der Autorin und Übersetzerin Maria Ewers aus'm Weerth.
1928 Im Deutschen Volkstheater in Charlottenburg
wurde die Komödie „Haus der Freunde“ erstmals aufgeführt.
1932 Das Schauspiel „Cagliostro“ (1931
gedruckt) gelangte bei den Benrather Schloß-Spielen zur Uraufführung.
Die „Düsseldorfer Nachrichten“ hoben das psychologische
Interesse der Autorin hervor, die „mit sehr viel „ Feinsinn
und Klugheit dem wirklichen Wesen dieses sonderbaren Menschen nachgespürt
und die Hintergrunde bloßgelegt hat, auf denen seine suggestive
Persönlichkeit zum Hochstapler, seine Menschenkenntnis zur
Zauberei, seine Gewandtheit zum Schwindel werden konnte“ (8.
7. 1932). Es entwickelte sich eine lebenslange Freundschaft mit
der Vortragskünstlerin und Regisseurin Erika Müller-Benrath
und der Kostümbildnerin und Malerin Hilde Viering.
In den „Fränkischen Monatsheften“
erschien die autobiographische Skizze „Meine Jugend in Franken“.
1936-38 Auf Veranlassung der NS-Frauenschaft Düsseldorf
hielt Hanna Rademacher einen Vortrag über eine „heimatliche
Frauengestalt“, über die ermordete Herzogin Jakobe von
Baden als Opfer einer religiös-indoktrinierten Machtpolitik.
Daraus entstand das Schauspiel „Jakobe von Baden“, das
am 22. Juni 1938 zur 650-Jahrfeier der Stadt Düsseldorf im
Schauspielhaus uraufgeführt wurde. Die „Westfälische
Landeszeitung Rote Erde“ urteilte über die Umsetzung
des Stoffs durch die Autorin wie folgt: „Nun hat sich auch
eine der wenigen erfolgreichen deutschen Dramatikerinnen, Hanna
Rademacher, des Stoffs (...) angenommen und ihn auf einer breiteren
Ebene betont religiös-politisch entrollt, um gleichzeitig eine
ebenso warmherzig-liebenswürdige Zeichnung des jungen unglücklichen
Weibes zu geben, wie die hintergründigen Kräfte in einer
nur denkbar grausen Schwärze festzulegen“.
1939 Die Autorin zog sich aus der Öffentlichkeit
zurück und lebte fortan in einem kleinen Ort im Sauerland,
Fleckenberg, in ihrem Sommerhaus „Tors Hütte“.
Eine Reihe weiterer Dramen entstanden, z. B. „Willkommen.
Ein heiteres Spiel“ (1940) und ein Drama über die Königin
Luise „Dem Genius Preußens“ (1942).
1951-73 Eine große Anzahl weiterer Dramen
entstand, zumeist im Selbstverlag ediert. Wieder stehen Frauengestalten
der Geschichte im Vordergrund, so in „Maria Theresia“
(ursprünglich „Im Licht der Ewigkeit“, 1961, mit
80 Jahren fertiggestellt), wo die spezifische Leistung der österreichischen
Kaiserin zur Friedensbewahrung herausgestellt wird.
Einige Prosatexte haben sich im Nachlass
als Manuskript erhalten (sie befinden sich im Fruaen-Kultur-Archiv):
„Mechthilde von Magdeburg“ und „Anna Margarethe
Fuggerin“. Mit 92 Jahren beendete sie ihre letzte Komödie
„Schuß im Damenheim“.
1979 Hanna Rademacher starb am 31. Juli in ihrem
98. Lebensjahr. Ihr Grab befindet sich auf dem Düsseldorfer
Nordfriedhof.
1988 Im Rahmen der 700-Jahr-Feier der Stadt Düsseldorf
wurde von der Kleinen Oper Düsseldorf ein Musikalische Schauspiel
„Jacobe“, nach Hanna Rademachers Drama zur Aufführung
gebracht.
(Text von Ariane Neuhaus-Koch)
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