„[…] die Erkenntnis der eigenen Lage
ist das erste Mittel, sich aus ihr zu befreien.“
(aus: „Die Frauenfrage“, Leipzig
1901, S. 326)
„Tue Deine Arbeit, dann erst findest
Du Befriedigung, - erfülle Deine Bestimmung, dann erst wirst
Du glücklich sein.“
(aus: „Memoiren einer Sozialistin. Lehrjahre“
<München 1909>, Berlin, Bonn 1985, S. 218)
„das Alte zu stürzen, dazu
gehörte Titanenkraft; das Neue aufzubauen, ist die Aufgabe
für den emsigen Fleiß der Vielen.“
(aus: „Im Schatten der Titanen. Erinnerungen
an Baronin Jenny von Gutstedt“, Berlin 1908, S. 28)
„Ich suche Menschen wie Diogenes[…]
und sehe dabei immer deutlicher, daß unsere miserable Erziehung
uns um das Beste im Leben betrogen hat. Das bißchen Kunst
und Wissenschaft hat man uns nur gelehrt, damit wir darüber
schwatzen können. Es ist kein Teil unserer selbst geworden;[…].
Hätten wir den rechten Ernst, das tiefe Verständnis für
sie, - Geist und Herz würden so sehr davon erfüllt sein,
daß sie am Gemeinen und Oberflächlichen gar keine Freude
empfänden.“
(aus. „Memoiren einer Sozialistin. Lehrjahre“
<München 1909>, Berlin, Bonn 1985, S. 149)
„Und Tradition und Konvention
sah ich ihrer bunten Gewänder entkleidet als nackte Lügen
vor mir, und mit einem einzigen Blick erkannte ich des Weibes Puppendasein.
[…]. '[V]iele Fesseln, - feine, die ich kaum fühlte,
und grobe, die sich mir ins Fleisch schnitten, - umschnüren
mich von klein an. Aber ich erkenne jetzt, daß ich jedes Jahr
einige davon abstreifte.' “
(aus: „Memoiren einer Sozialistin. Lehrjahre“
<München 1909>, Berlin, Bonn 1985, S. 208f.)
„Denn die Wahrheit der Vergangenheit
wird zur Lüge der Gegenwart. Wie ein Verbrechen verstecken
wir, was in die alten Formen und Formeln nicht passen will, und
sehen nicht, daß es vielmehr Verbrechen ist, diese Formen
und Formeln aufrecht zu erhalten. Wir beugen uns unter Gesetze,
gegen die wir uns innerlich empören, und triumphieren, wenn
wir schließlich selbst das Gefühl der Empörung unterdrückt
haben.“
(aus: „Memoiren einer Sozialistin. Lehrjahre“
<München 1909>, Berlin, Bonn 1985, S. 252)
„Denke bis zu den letzten Konsequenzen,
reiße nieder, was deinem Denken im Wege steht; selbst das
Heiligste, das Unantastbare ist unheilig und ein Frevel, wenn es
dem Gedanken zur Schranke ward. Denke, - und du wirst reich, - denke,
- und du wirst stark und froh.“
(aus : „Memoiren einer Sozialistin. Lehrjahre“
<München 1909>, Berlin, Bonn 1985, S. 256)
„Ein einziger Blick in das gemütliche
Eßzimmer des Fabrikherrn mit den schmackhaften Gerichten und
reinen Tellern auf dem frisch gedeckten Tisch und in den schmutzigen
Winkel, wo diejenigen, auf deren Arbeit seine Behaglichkeit beruht,
[...] Brot verzehren, müßte allein genügen, um das
Verbrecherische der herrschenden Wirtschaftsordnung einzusehen.“
(aus: „Die Frauenfrage“, Leipzig
1901, S. 306f.)
„Wer eigene Wege sucht, findet
wenig Gefährten.“
(aus: „Memoiren einer Sozialistin. Kampfjahre“
<München 1911>, Berlin, Bonn 1985, S. 809)
„Ich bin stets der Ansicht, [...]:
daß es das höchste Glück der Mutter ist, Stufe zu
sein ihren Kindern. Aber ich kenne noch ein Allerhöchstes:
mit den Kindern weiter steigen zu können und das hoffe ich
zu besitzen.“
(Brief an ihren Sohn Otto vom 5.März 1915.
In: Julie Vogelstein: „Lily Braun. Ein Lebensbild“,
Berlin 1922, S. 109)
(zusammengestellt von Victoria
Vigener)
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