„Es gibt in Frankreich über
jeden Gegenstand soviel fertige Phrasen, daß mit ihrer Hilfe
auch ein Dummkopf eine Zeitlang ganz vortrefflich redet und sogar
für einen Augenblick einem Mann von Geist gleicht. In Deutschland
würde ein Unwissender nicht wagen, seine Ansicht über irgendeine
Sache in sicherm Ton vorzutragen [...]. In Deutschland wissen nur
die hervorragenden Menschen wirklich zu plaudern, während sich
in Frankreich alle Welt darauf versteht.“
(aus: „Über Deutschland“, Stuttgart
1980, S. 98, <Erstausgabe: „De l’Allemagne“ 1813>)
„Die Zeit gut auszufüllen,
ist das Verdienst der Deutschen, sie vergessen zu machen, das Talent
der Franzosen.“
(aus: „Über Deutschland“,
Stuttgart 1980, S. 107, <Erstausgabe: „De l’Allemagne“
1813>)
„Welchen Zauber entlehnt die Sprache
der Liebe nicht der Poesie und den schönen Künsten! Wie
schön ist’s, mit dem Herzen und mit dem Geist zu lieben!
wie schön, auf solche Weise ein Gefühl zu vermannigfachen,
[...] und in den Wundern der Natur und des Genies einen neuen Ausdruck
zur Enthüllung des Herzens zu entdecken!“
(aus: „Über Deutschland“,
Stuttgart 1980, S. 382, <Erstausgabe: „De l’Allemagne“
1813>)
„Nicht eine gemäßigte
Monarchie sieht man auf die Republik folgen, sondern eine Monarchie,
die despotischer ist als die von 1788, weil es in der Masse des
Dritten Standes gegen sie keine Opposition mehr gibt.“
(Brief an Pierre-Louis Graf Roederer vom 15.
April 1797, in: Georges Solovieff (Hrsg.): „Madame de Staël.
Kein Herz, das mehr geliebt hat. Eine Biographie in Briefen“,
Frankfurt a. M. 1986, S. 109)
„Kommen Sie etwa nicht zu dem
Schluß, daß die Freiheit etwas zu tun hat mit dem Interesse,
das die Völker an ihrem Schicksal nehmen? [...] Bonaparte,
über den Gleichmut von Paris sehr wütend, hat seinen versammelten
Höflingen gesagt: „Was fehlt ihnen denn? Was fehlt ihnen
denn?“ Und niemand hat sich erhoben [...], um ihm zu sagen:
„die Freiheit, Bürger Konsul, die Freiheit!“
(Brief an Jacob Henri Meister vom 23. Oktober
1801, in: Georges Solovieff (Hrsg.): „Madame de Staël.
Kein Herz, das mehr geliebt hat. Eine Biographie in Briefen“,
Frankfurt a. M. 1986, S. 138)
„Ruhe ist nicht mehr gestattet,
wenn es sich nicht nur um das Schicksal dieser Generation, sondern
um eine lange Zukunft handelt, denn wenn die Politik Bonapartes
siegt, wird man [...] sich davon überzeugen, daß seine
unerbittliche Berechnung und seine Frechheit zusammen mit seiner
Geschicklichkeit das ganze Geheimnis bilden, die Welt zu täuschen
und zu unterwerfen.“
(Brief an General Jean-Victor Moreau von Anfang
September 1813. In: Georges Solovieff (Hrsg.): „Madame de
Staël. Kein Herz, das mehr geliebt hat. Eine Biographie in
Briefen“, Frankfurt a. M. 1986, S. 350)
„Die Nationen müssen einander
als Führer dienen, und alle täten unrecht, wollten sie
sich des Wissens berauben, das sie sich gegenseitig leihen können.
Es liegt etwas sehr Eigentümliches in dem Unterschied eines
Volkes von einem andern [...]. Daher wird man in jedem Lande gut
tun, wenn man fremde Gedanken aufnimmt, denn auf diesem Gebiete
ist der Empfangende der Glücklichere.“
(aus: „Über Deutschland“,
Stuttgart 1980, S. 332. <Erstausgabe: „De l’Allemagne“
1813>)
(zusammengestellt von Victoria Vigener)
|