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Gedanken und Einfälle kreativer Frauen

Ida von Hahn-Hahn

22. 6. 1805 - 12. 1. 1880
Romanautorin, Lyrikerin

„Auch das Morgengebet der Hebräer beobachtete ich […]. Wenn man das so in der Nähe sieht, fragt man sich wie es möglich ist, sich um dieser Formen willen zu hassen oder zu verachten, da ja alle dem Grundgedanken entsprungen sind die Seele reiner und höher zu stimmen. Aber allerdings fragt man sich auch, ob denn eine Form besser sei als die andere. Kniet nicht der Katholik wie der Mohammedaner? Liest nicht der Protestant wie der Hebräer? Ist nicht die Kniebeugung wie Gebet- oder Gesangsbuch Ausdruck der nämlichen Andacht, dem nämlichen Gott zugewendet? Wir können wohl finden, daß eine Form mehr als die andre grade unserer eigentümlichen Innerlichkeit entspricht, und daher für uns die wahre ist; allein ob sie vor Gott die einzigwahre, ist doch wohl mehr wie zweifelhaft.“
(aus: „Orientalische Briefe“ <1844>, hrsg. und Vorw. von Gabriele Habinger, Wien 1991, S.22f (Brief aus Konstantinopel vom 7.9.1843)

 

„Ich bin im Gebiet und unter dem Gebot des Islam. Ich bin hergekommen ohne Vorurteil für oder gegen ihn: ich bemitleide nicht den Mohammedaner um seines Glaubens willen, und ich bewundere ihn nicht. Es ist sein Gesetz, das sein Prophet ihm gebracht: das scheint mir kein Grund weder für Verehrung noch für Verabscheuung.“
(aus: „Orientalische Briefe“ <1844>, hrsg. und Vorw. von Gabriele Habinger, Wien 1991, S.57f. (Brief aus Konstantinopel vom 16.9.1843)

 

„Am liebsten hätte ich <die Frauen im Harem von Rifát Pascha> gefragt: 'Aber vergeht ihr denn nicht vor Langeweile in Eurer einförmigen Abgeschiedenheit, die Euch aller Teilnahme an dem Leben Eures Gatten beraubt? Ihr kennt nicht seine Freunde noch Feinde, nicht seinen Wirkungskreis, nicht seine Beschäftigungen, überhaupt nicht die Welt und die Verhältnisse in denen er lebt. Nichts teilt er mit Euch, und Ihr müßt ihn selbst mit Euren Sklavinnen teilen; - seid Ihr denn nicht einer so herabwürdigenden Existenz zum Sterben überdrüssig?’ - Vermutlich würden sie mir Nein! geantwortet haben, denn das Leben im Gleis uralter herkömmlicher Gewohnheit ist auch ein Leben.“
(aus: „Orientalische Briefe“ <1844>, hrsg. und Vorw. von Gabriele Habinger, Wien 1991, S.82 (Brief aus Konstantinopel vom 22.9.1843)

 

„Für unsereins, auferzogen in unsrer zeremoniösen europäischen Gesellschaft, wo kein Mensch mit dem andern spricht bevor er nicht wenigstens dessen Namen, noch lieber Herkunft, Stand, Ahnentafel kennt, ist es unbeschreiblich angenehm fremd in ein fremdes Haus zu treten und empfangen zu werden, als sei man ein erwarteter Gast.“
(aus: „Orientalische Briefe“ <1844>, hrsg. und Vorw. von Gabriele Habinger, Wien 1991, S.100 (Brief aus Smyrna vom 29.9.1843)

 

„'Willst du denn, daß die Frauen das Regiment führen?’ fragte Adele. 'Nein, ich will nur, daß die Männer mit ihnen umgehen wie mit ihresgleichen und nicht wie mit erkauften Sklavinnen, denen man in übler Laune den Fuß auf den Nacken stellt und in guter Laune ein Halsband oder ähnlichen Plunder hinwirft. Das demoralisiert die Frauen, es stumpft ihr Zartgefühl ab. Heut lassen sie sich eine Brutalität gefallen, um dafür morgen einen neuen Hut zu bekommen.’“
(aus: „Gräfin Faustine“ <1841>, Bonn 1986, S. 50)

 

„'Gott’, rief Faustine, 'wie komisch sind die Männer! ganz ernsthaft bilden sie sich ein, der liebe Gott habe unser Geschlecht geschaffen, um das ihre zu bedienen! […] Der gute Gott schuf nicht das Lamm, damit der Wolf es fresse; und nicht die Fliege, damit der Vogel sie erschnappe - sondern Lamm und Fliege, weil sie in seine Schöpfung gehören und auch ihre Lust am Leben haben sollen.’“
(aus: „Gräfin Faustine“ <1844>, Bonn 1986, S. 49)

 

(zusammengestellt von Eileen Simonow)

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