„Eine Arbeiterehe ist nur erträglich,
wenn Mann und Frau gesund sind. So ist auch der Maßstab, den
ich oft von Arbeiterfrauen an andere angelegt finde, immer derselbe:
Sie kann arbeiten oder sie kann nicht arbeiten. Die Arbeiterwelt
ist eine vollkommen geschiedene von der Bourgeoisiewelt. Es herrschen
in ihr vollkommen andere Wertmaße.“
(Tagebucheintrag vom 30. August 1909, in: Käthe
Kollwitz: „Ich sah die Welt mit liebevollen Blicken“,
hrsg. von Hans Kollwitz, Hannover 1968, S. 180)
„Jetzt gehöre ich selbst
schon zu der älteren Generation, die lange arrivée ist
und der Jugend Platz und Licht wegnimmt. – Sehr interessant,
die immer wieder anschwellende Woge der jüngsten Jugend. Sie
kann den Gereifteren und denen mit Können und Handwerk nicht
verständlich sein, denn sie bringt fast nie positive Vorzüge.
Diese liegen in der Phantasie der Jugend. Doch hat die Jugend das
Recht, sich mit diesen phantasievollen Zukunftsaugen anzusehn, ebenso
wie die Nicht-mehr-Jugend das Recht hat, über die illusionistischen
Werte der Jüngsten zu lächeln und sich davon abzuwenden
ihren ausgereiften Sachen zu.“
(Tagebucheintrag vom April 1910, in: Käthe
Kollwitz: „Ich sah die Welt mit liebevollen Blicken“,
hrsg. von Hans Kollwitz, Hannover 1968, S. 163)
„Wie anders stehn die Mädchen
jetzt, als wie ich jung war. Ich wuchs auf in einem Kreise, wo man
selbständiges Denken und Urteilen hätte lernen können,
aber ich tat es nicht.“
(Tagebucheintrag vom 5. Februar 1911, in: Käthe
Kollwitz: „Ich sah die Welt mit liebevollen Blicken“,
hrsg. von Hans Kollwitz, Hannover 1968, S. 50)
„Eigentlich bin ich nämlich
gar nicht revolutionär, sondern evolutionär. Weil man
mich aber als Künstlerin des Proletariats und der Revolution
preist und mich immer fester in die Rolle schiebt, so scheue ich
mich, diese Rolle nicht weiter zu spielen. Ich war revolutionär.
Mein Kindheits- und Jugendtraum war Revolution und Barrikade. Wäre
ich jetzt jung, so wäre ich sicher Kommunistin.“
(Tagebucheintrag vom Oktober 1920, in: Käthe
Kollwitz: „Ich sah die Welt mit liebevollen Blicken“,
hrsg. von Hans Kollwitz, Hannover 1968, S. 198)
„Vielleicht gehört sie <die
Wittekind> zu den wenigen jungen Frauen, die wirklich allein
für sich leben können. Ich meine nicht ohne Männer.
Aber so, daß sie nicht ihr Zentrum in den Männern haben.
Die meisten Frauen empfangen eigentlich erst ihr Leben durch die
Männer, bilden es sich wenigstens ein, treten in die Ehe und
sind nun fest.“
(Tagebucheintrag vom Mai 1922, in: Käthe
Kollwitz: „Ich sah die Welt mit liebevollen Blicken“,
hrsg. von Hans Kollwitz, Hannover 1968, S. 62)
„Wo gibt es denn jetzt unter den
Malern ein Genie? Auch die männlichen Künstler können
froh sein, achtungswerte Leistungen hervorzubringen, gute Künstler
– Handwerker zu sein. Das können Frauen auch.“
(Tagebucheintrag vom Mai 1922, in: Käthe
Kollwitz: „Ich sah die Welt mit liebevollen Blicken“,
hrsg. von Hans Kollwitz, Hannover 1968, S. 63)
„Es ist mir natürlich eine
große Freude, daß in Amerika sich Terrain zu ergeben
scheint für meine Arbeit. Es war mir natürlich etwas deprimierend
zu erleben, wie man hier schon zu den Toten gerechnet wurde oder
genauer gesagt zu den nicht mehr Lebensberechtigten. Übergehen
und Stillschweigen war die angewandte Methode.“
(Brief an Frau Dr. Löhnberg vom 6. Mai
1937, in: Käthe Kollwitz: „Briefe der Freundschaft und
Begegnungen“, München 1966, S. 35)
(zusammengestellt von Eileen Simonow)
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