„Es liegt im Grunde in jedem
denkenden Menschen eben so ein Verlangen nach Universalität,
wie nach der Möglichkeit Zeugniß von seinem Dasein zurückzulassen,
nur daß bei der Verschiedenheit unserer Anlagen, das Mehr
u[nd] weniger jener Verlangnisse aber auch die ganze Wesenheit dieser
Leistungen bestimmt.“
(Fanny Lewald an Johann Jacoby, 18. September
1865, in: „Freundschaftsbriefe an einen Gefangenen: Unbekannte
Briefe der Schriftstellerin Fanny Lewald an den liberalen jüdischen
Politiker Johann Jacoby aus den Jahren 1865 und 1866“, hrsg.
von Gabriele Schneider. Frankfurt/M. 1996, S.29)
„Eigentlich kenne ich auf der
Welt gar nichts Selbstsüchtigeres u[nd]Schlimmeres als die
sogenannte leidenschaftliche, aufopfernde Mutterliebe. Ich glaube,
wenn solche Frauen es könnten, sie brächten die Kinder
am liebsten dem Vater gar nicht zur Welt u[nd] behielten sie fix
u[nd] fertig als ausschließliches Eigentum lebenslang im Mutterleibe
– möchte dann bei dem Tode der Mutter einmal daraus werden,
was wolle.“
(Fanny Lewald an Johann Jacoby, 25. September
1865 in: „Freundschaftsbriefe an einen Gefangenen: Unbekannte
Briefe der Schriftstellerin Fanny Lewald an den liberalen jüdischen
Politiker Johann Jacoby aus den Jahren 1865 und 1866“, hrsg.
von Gabriele Schneider. Frankfurt/M. 1996, 1996, S.34)
„[…] denn das Dichten ist
das Herausgreifen aus der Fülle des Wissens, ein schauendes
Gestalten.“
(Fanny Lewald an Johann Jacoby, 2. September
1865, in: „Freundschaftsbriefe an einen Gefangenen [...],
hrsg. von Gabriele Schneider. Frankfurt/M. 1996, S.12)
„Ja freilich ist der Frauen Schicksal
beklagenswerth – nur nicht das Ihre, meine Damen! sondern
das Schicksal der hunderttausende von Frauen der Armen, der Dienenden,
der Arbeitenden. Das Schicksal derer, über welche Sie klagen
und sich beschweren.“
(aus: „Osterbriefe“, Berlin 1863,
2. Brief, S. 20)
„Wir müssen uns entschließen
uns Dienstboten, Hausarbeiterinnen heranzubilden so gut wie der
Kaufmann, der Handwerker, die Büreaus sich ihre Leute heranbilden,
wir müssen sie erziehen durch unsere Lehre, durch unser Beispiel,
durch die Gemeinsamkeit mit uns.“
(aus: „Osterbriefe“, Berlin 1863,
5. Brief, S. 60f)
„Meine Empfindung war mir zu heilig,
ich war auch viel zu verzagt, um mir ein Talent zuzuerkennen, das
mich zu dichten befähigte, und meines Vaters immer wiederholter
Ausspruch, daß die Frau nur für das Haus geboren sei,
hatte doch so weit auf mich zurückgewirkt, daß ich niemals
ernstlich an die Verwirklichung der Träume dachte, welchen
ich mich trotzdem fortwährend überließ.“
(aus: „Meine Lebensgeschichte“,
<Berlin 1861>, hrsg. von Gisela Brinker-Gabler, Frankfurt/M.
1980, S. 182)
„Ich war einmal nicht wie alle
Welt. Es lebte in mir ein großer, starker Glaube an eine hohe
Liebe und an eine idealische Ehe, die mir ein Heiliges war, es lebte
in mir das Gefühl von der wahren Menschenwürde, die man
erniedrigt, wenn man den Menschen zwingen will, gegen sein eigenstes
Wesen zu handeln; und all der Jammer, all die Kränkung, all
die zornige Empörung, welche aus tausend Frauenherzen den Aufschrei
nach Emanzipation hervorgebracht haben, ich habe sie von jener Stunde
an nicht zu empfinden aufgehört […] .“
(aus: „Meine Lebensgeschichte“,
<Berlin 1861>, hrsg. von Gisela Brinker-Gabler, Frankfurt/M.
1980, S. 169)
(zusammengestellt von Eileen Simonow) |