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Gedanken und Einfälle kreativer Frauen

Rahel Varnhagen von Ense

26.5.1771 – 7.3.1833
Prosaistin und Salonière

„Warum verbietet man den Kindern so ausdrücklich Leugnen und Ausreden? die man (zwar leider! – aber doch) braucht! man erzieht sie ja für den Tummel der Welt, und nicht für einen positiven Himmel, der ein rotes Herz und ungeflecktes Gewissen genau belohnt?“
(aus: Brief an David Veit, Berlin, 18. 2. 1794 in: Rahel Varnhagen, „Briefe und Aufzeichnungen“, hrsg. von Dieter Bähtz, Frankfurt/M. 1986, S. 8)

 

„Einen gepackten Reisewagen und einen Dolch sollte ein jeder haben; daß, wenn er sich fühlt, er gleich abreisen kann.“
(Tagebucheintrag vom 24. 3. 1800 in: Rahel Varnhagen, „Briefe und Aufzeichnungen“, hrsg. von Dieter Bähtz, Frankfurt/M. 1986, S. 52)

 

„Nun weiß ich mit einem Male, warum es mich so empört, wenn ein Mensch, was ihm ungesund ist, immer wieder genießt; nicht allein, weil es von der unangenehmsten Wirkung und tierisch ist; sondern weil es nicht einmal tierisch ist; die Tiere wissen, was ihnen heilsam ist, und vermeiden das Gegenteil.“
(Tagebucheintrag von 1805 in: Rahel Varnhagen, „Briefe und Aufzeichnungen“, hrsg. von Dieter Bähtz, Frankfurt/M. 1986, S. 75)

 

„Ein Stein kann eine Geschichte haben, aber nur eine Kreatur mit Bewußtsein ein Schicksal. Die meisten Menschen haben nur eine Geschichte.“
(aus: Tagebucheintrag vom 7. 2. 1824 in: Rahel Varnhagen, „Briefe und Aufzeichnungen“, hrsg. von Dieter Bähtz, Frankfurt/M. 1986, S. 318)

 

„Ich spreche nicht wie alle Menschen von der armen französischen Revolution; die war schon da, eh’ sie ausbrach. Zu zerrieben liegen die Elemente der Menschheit von den Jahrhunderten da, weil es der Staub der Trümmern ist, die Gottlosigkeit und Blödsinn geschlagen haben, nicht eine heilsame Mischung, durch frommes Beginnen und ehrliches Handeln erzeugt.“
(aus: Brief an Alexander von der Marwitz vom 17.-18. 5. 1811 in: Rahel Varnhagen, „Briefe und Tagebücher aus verstreuten Quellen“, hrsg. von Konrad Feilchenfeldt, München 1983, S. 82)

 

„[…] fürchterlich ist die Natur darin, daß eine Frau gemißbraucht werden kann, und wider Lust und Willen einen Menschen erzeugen kann. Diese große Kränkung muß durch menschliche Anstalten und Einrichtungen wieder gut gemacht werden: und zeigt an, wie sehr das Kind der Frau gehört. Jesus hat nur eine Mutter. Allen Kindern sollte ein ideeller Vater konstituiert werden, und alle Mütter so unschuldig und in Ehren gehalten werden, wie Marie.“
(Tagebucheintrag vom 17. 5. 1820 in: „Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde“. 3. Theil, Berlin 1834. In: Rahel Varnhagen: „Gesammelte Werke“, hrsg. von Konrad Feilchenfeldt, Uwe Schweikert und Rahel E. Steiner. Bd. 3, München 1983, S. 19)

 

„Es gibt in allen Fächern, Handlungs- und Gedankenkreisen, um dieselbe Sittlichkeit. Wahrheit oder nicht Wahrheit; die lieben, ist sittlich sein; sie zu finden wissen, Verstand haben, der Vernunft folgen! Und niemals darin ermüden: ist der höchste Bund.“
(aus: Brief an Auguste Brede vom 20. Juni 1820 in : „Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde“. 3. Theil, Berlin 1834. In: Rahel Varnhagen: „Gesammelte Werke“, hrsg. von Konrad Feilchenfeldt, Uwe Schweikert und Rahel E. Steiner. Bd. 3, München 1983, S. 26f.)

 

„Die ganze Skala meiner Seele gibt reine Töne an, obgleich man schrecklich! mit den Saiten umgegangen ist. Glauben Sie, schrecklich; sogar zum Erzählen wär’s schrecklich. Man ist entweder dem Wahnwitz, oder dem Tod, oder der Genesung ausgesetzt; mir sind die beiden ersten nicht widerfahren. Ich bin besser, kann ich auch nicht sagen; ich bin jenseits, möcht ich sagen. Verstehn Sie? Vom Schicksal beschimpft, aber nicht mehr beschimpfbar.“
(aus: Brief an David Veit vom 15. 11. 1798 in Rahel Varnhagen: „Briefe und Aufzeichnungen“, hrsg. von Dieter Bähtz, Frankfurt/M. 1986, S. 41)

 

(zusammengestellt von Eileen Simonow)

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