WILHELM VON OCKHAM
geb. um 1280/85, gest. zwischen 1347 u. 1349 in München
Quelle: Michael A. Bergmann: Beurkundete Geschichte der churfürstlichen Haupt- und Residenzstadt München, München 1783 | ||
Wilhelm von Ockham dachte bloß | Sein Messer das man nie gefunden - | Kein Wunder, daß er damit nur |
im Sinne des Peripatos: | schnitt ontologisch tiefe Wunden: | verfiel der kirchlichen Zensur. |
Für ihn als Logikfachmann galt: | Was man aus einem Grund erklärt, | Doch kams, wie oft im Abendland: |
Das Allgemeine hat Gestalt | darüber man nicht mehr erfährt, | Sein Werk ward dadurch weit bekannt, |
nur nach den Dingen im Verstand, | wenn man dazu noch vielerlei | es fördert wie kein anderes |
der es durch Abstraktion erfand. | aus andern Gründen zieht herbei. | die Lehr des Aristoteles. |
Die Sinnendinge ganz allein | Prinzipien grundlos zu vermehren, | Durch ihn die Logik voll erblühte, |
Realitäten sollten sein. | das wollt er jedermann verwehren. | so daß sich mancher andre mühte, |
Drum auch Begriffe und Ideen | Wer drum von Gott und Engeln spricht, | darin sich Lorbeer zu erringen, |
allein in Nomina bestehn. | erklärt dadurch die Dinge nicht. | doch wollt es keinem mehr gelingen. |
Nominalismus nannt man dies, | Doch war er auch ein frommer Mann, | Um noch die Logik zu befördern, |
was Ockham hier so scharf bewies, | den Glaubensdingen zugetan, | mußt andre Wege man erörtern. |
und sein Verfahren, wie bekannt, | die hielt er nur für Praxisfragen, | |
ward Ockhams razor dann genannt. | wozu Szienz nichts beizutragen. |
(aus: L. Geldsetzer, Die Philosophenwelt. In Versen vorgestellt, Stuttgart 1995, S. 66 f.)
Hauptschriften: Expositio aurea et admodum utilis super artem veteram, Bologna 1496 (Nachdruck 1965); Philosophia rationalis, Rom 1637 (Nachdruck 1963); Breviloquium de principatu tyrannico (oder: Breviloquium de potestate Papae), Leipzig 1944 (in: R. Scholz, W. v. Ockham als politischer Denker; Nachdruck 1952); Summa logicae (ed. P. Bochner), 1974.
Ausgaben: Opera philosophica (ed. Franciscan Institute, St. Bonaventure), New York 1967 ff.; Philosophical writings, a selection, engl.-lat. (ed. P. Bochner), Edinburgh 1957; Opera politica in 3 Bdn. (ed. R. F. Bennett, H. S. Offler, J. G. Sikes), Manchester 1940-63.
Literatur: S. Moser, Grundbegriffe der Naturphilosophie bei W. v. Ockham, Innsbruck 1932; G. Martin, W. v. Ockham. Untersuchungen zur Ontologie der Ordnungen, Berlin 1949; L. Baudry, Guillaume dOccam. Sa vie, son oeuvre, ses idées sociales et politiques I, Paris 1950; C. Vasoli, Guglielmo dOccam, Florenz 1953; L. Baudry, Lexique philosophique de Guillaume dOccam, Paris 1958; H. Junghans, Ockham im Lichte der neueren Forschung, Berlin u. Hamburg 1968; J. Miethke, Ockhams Weg zur Sozialphilosophie, Berlin 1969; K. Bannach, Die Lehre von der doppelten Macht Gottes bei W. v. Ockham, Wiesbaden 1975; A. Goddu, The physics of William of Ockham, Leiden 1984; J. P. Beckmann (Hrsg.), Ockham-Bibliographie, 1900-1990, Hamburg 1992; P. Schulthess, Sein, Signifikation und Erkenntnis bei Wilhelm von Ockham, Berlin 1992; M. Kaufmann, Begriffe, Sätze, Dinge. Referenz und Wahrheit bei Wilhelm von Ockham, Leiden 1994.