Nach Mitternacht: Irmgard Keuns Abrechnung mit Nazi-Deutschland

In diesem Roman, der 1937 in den Niederlanden veröffentlicht wurde, zeichnet Irmgard Keun aus dem Abstand der Emigration ein kritisches und ironisches Bild der Hitler-Herrschaft. Durch das eigene Erleben der ersten drei Herrschaftsjahre Hitlers gelingt es ihr, den alltäglichen Faschismus auf sehr plastische Weise darzustellen.

„Nicht Thomas Mann und Heinrich Mann, nicht Ernst Toller und nicht Walter Hasenclever, nicht Johannes R. Becher schrieben den großen Roman mit der besten psychologischen Deutung des kleinen Mannes im NS-Staat. Es war Irmgard Keun mit ihrem Buch Nach Mitternacht“.
(Urteil des Exilforschers Hans-Albert Walter)

 

Hitler-Karikatur

„Von weitem schwollen Rufe an: Heil Hitler, näher kam der Mengen Ruf herangewellt, immer näher... Und langsam fuhr ein Auto vorbei, darin stand der Führer wie der Prinz Karneval im Karnevalszug. Aber er war nicht so lustig und fröhlich wie der Prinz Karneval und warf keine Bonbons und Sträußchen, sondern hob nur die leere Hand.“
„Der Führer gibt doch schon allein fast sein ganzes Leben hin, für sein Volk fotografiert zu werden. Man stelle sich nur so eine ungeheure Leistung vor: ununterbrochen sich fotografieren zu lassen, mit Kindern und Lieblingshunden, im Freien und in Zimmern, immerzu. Und außerdem ständig mit Flugzeugen zu fahren und in langen Wagneropern sitzen, weil das deutsche Kunst ist, für die er sich auch opfert. Berühmtheit fordert immer Opfer, das hab e ich mal in einem Artikel über Marlene Dietrich gelesen. es heißt ja immer, der Führer würde nur Radischen essen und Schwarzbrot und Klatschkäse. Das ist auch ein Opfer für den Ruhm. Die Filmschauspielerinnen in Hollywood essen manchmal noch viel weniger, weil sie nicht dick werden dürfen. Ich könnte mir denken, daß unserem Führer daran liegt, eine besonders schöne schlanke Figur zu haben, da er doch immerzu fotografiert und in Wochenschauen und Reichsparteitagsfilmen vorgeführt wird.“

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Erarbeitung:
Miriam Petrowski,
Daniel Zimmermann