Treffen an der Grenze

„Juni 1933: Wir haben die Kinder von der Grenze abgeholt. Wie Verrückte haben sie sich in unsere Arme geworfen, dort verharrten sie dann unbeweglich. Völlige, unendliche Sicherheit bei diesen unsteten Wesen, ihren Eltern, die doch selbst zu den Obdachlosesten dieser Welt zählten, selbst von allen Stürmen hin- und hergeworfen wurden. Das mehrfarbige Kleid der Kleinen, der Geruch ihrer Haare machen mich verrückt vor Heimweh. Franz, unser Gast, beißt sich auf die Lippen, als wir die Hosentaschen des Kleinen leeren: ein paar trockene Graßhalme, ein Pfennig, eine Fahrkarte, einen Tannenzapfen: ein halbes Deutschland.“

(Anna Seghers, „Sechs Tage, sechs Jahre. Tagebuchseiten“, Paris, 1938)


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Erarbeitung:
Babette Dufrenne,
Franz Schwarz