Finanzielle Not und Vereinsamung im Exil
Die Hauptzeit seines Exils verbrachte Benjamin in Paris, unterbrochen von längeren Aufenthalten in San Remo bei seiner geschiedenen Frau und in Dänemark bei seinem Freund Bertold Brecht. Die Exilzeit war von Anfang an von finanzieller Not geprägt. Am 20.10.1933 schrieb Walter Benjamin an Kitty Marx-Steinschneider: „Und so würde ich mich
getrost einigen Bemerkungen über Paris zuwenden, wenn sie nur halbwegs
erfreulich ausfallen würden [...]. Benjamin lebte nicht nur ökonomisch
am sozialen Minimum, auch fehlten ihm jene intellektuellen Gespräche
und Diskussionen mit seinen engsten Freunden, was zu einer umfangreichen
„Exilkorrespondenz“ führte, die jedoch auch das immer
öfter auftauchende Wort „Vereinsamung“ nicht änderte,
genauso wenig, wie seine gelegentlichen Besuche bei Brecht in Dänemark
oder seiner Familie in San Remo. Am 11.01.1940 schreibt Brecht an Gershom
Scholem: Bis Mitte der Dreißiger Jahre war es Benjamin noch möglich, unter Pseudonymen in Deutschland zu publizieren. Jedoch waren die meisten seiner Veröffentlichungen bloße Gelegenheitspublikationen. Die einzige beständige Einnahmequelle im Exil für ihn war die „Zeitschrift für Sozialforschung“, das Publikationsorgan des Instituts für Sozialforschung. 1933 war dieses rechtzeitig von Frankfurt nach Genf und ein Jahr darauf nach New York emigriert. Mit dem Herausgeber Max Horkheimer stand Benjamin dadurch in engem Kontakt, aber auch direkter finanzieller Abhängigkeit. So erschien in der Zeitschrift nie ein unrezensierter Artikel Benjamins. Politisch konnte er sich also kaum entfalten. Ein Mitarbeiter des Instituts für Sozialforschung war auch sein enger Vertrauter und Freund Theodor W. Adorno. Trotz der Initiative Adornos und Horkheimers gelang Benjamin nicht mehr die Übersiedlung in die USA, zu der er sich nach langem Zögern entschloss. |
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