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Exilzeit,
Entwurzelung und Selbstmord
Stefan Zweig genoss
in seiner Exilzeit ein ökonomisch unbeschwertes Leben. Sein
Ruhm als Literat brachte ihm in allen Ländern, in denen er
sich aufhielt, gesellschaftliche Anerkennung. Seine finanzielle
Unabhängigkeit ermöglichte es ihm, jederzeit seinen Standort
zu wechseln.
Durch seine Großzügigkeit
bildete Zweig einen großen Rückhalt für andere Autoren,
die ein ähnliches Schicksal mit ihm teilten: Joseph Roth und
Ernst Weiß half er mit regelmäßigen Zahlungen,
ihren Unterhalt zu bestreiten und nicht selten besorgte er für
andere Exilierte Visen.

Bis 1933 setzte sich Zweig für
die geistige Einigung Europas ein. Hierzu hielt er auf internationaler
Ebene viele Vorträge, doch sein Bestreben ließ nach,
als Hitler an die Macht kam. Bereits zu Beginn seiner Herrschaft
fürchtete Zweig einen weiteren Krieg und dabei hatte er vor
solch einer Gewalt beherrschten Auseinandersetzung, wie er sie schon
einmal erlebt hatte, noch mehr Angst als vor seinem eigenen Tod,
wie man den Aufzeichnungen in seiner Autobiographie entnehmen kann.
Und besonders die politischen Veränderungen des Jahres 1939
zogen ihre Konsequenzen für Zweigs geistige Verfassung nach
sich, die zunehmend schlechter wurde.
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„Keine Besserung
zum Guten, die Vernichtung unserer Welt schreitet fort [,] unausdenkbar
wie es für uns persönlich enden wird.“ (7.7.1940)
„[...] Ich will nicht
mehr und zögere nur, diesen Willen durchzusetzen, aber von
außen wird mir schon dazu geholfen werden; ich sehe so Schweres
kommen, wie es die andern nicht ahnen. Dazu im letzten Augenblick
die häusliche Katastrophe, Frau Kahn muß wie alle anderen
Deutschen und Österreicher innerhalb von drei Tagen die Stadt
verlassen, die „protected aerea“ geworden ist. Mein
Gott, wie geht man mit den Menschen um! [...]“ (10.7.1940)
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Im Jahre 1941 unterstützte
Zweig in New York gemeinsam mit Hermann Kesten und Erika Mann die
Hilfsorganisation Emergency Rescue Committe, und auch in dieser
Zeit litt der Schriftsteller unter der allgemeinen politischen Unsicherheit.
Der Zustand des ständigen Umherreisens
und der immerwährenden Suche nach einer neuen Bleibe, waren
dafür verantwortlich, dass Stefan Zweig sich wie ein Nomade
ohne festen Sitz fühlte:
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„Nicht nur Pflanzen und
Zähne vertragen es nicht, keine Wurzeln zu haben, den Menschen
geht es nicht besser.“
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Seine Gedanken darüber
hielt er in seinem Tagebuch fest, in dem man des öfteren Einträge
wie den folgenden vom 26. Mai 1940 lesen kann:
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„Jedenfalls, man täte
gut, ein Fläschchen mit Morphium jederzeit bereit zu haben.“
Zwei Wochen später liest man: „[…] und als Sechziger
ist man ohnehin doch schon unterhöhlt und halb erledigt. Ich
will nicht mehr und zögere nur, diesen Willen
durchzusetzen, aber von außen wird mir schon dazu geholfen
werden […].“
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Auch gegenüber
Freunden und Bekannten brachte Zweig seine Lebensmüdigkeit
zum Ausdruck, so z.B. in einer Unterhaltung mit Carl Zuckmayer:
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„Die Welt, die wir geliebt
haben, ist unwiederbringlich dahin. Und zu dem, was später
kommt, können wir nichts mehr beitragen. Unser Wort wird nicht
mehr verstanden werden – in keiner Sprache. Wir werden Heimatlose
sein – in allen Ländern. Wir haben keine Gegenwart und
keine Zukunft.“
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Er fühlte sich als
Fremder in dieser Welt, dessen heimatlichen Wurzeln entrissen wurden
durch ein totalitäres Regime, fremd in einer Welt, die den „Bruderkrieg“
führte. Sogar auf seinen Reisen war er immer nur Gast. Er selbst
schrieb in einem Brief an Richard Beer-Hofmann: „[..] nun heißt
es weiter ahasverisch wandern [...].“
Das Vorhaben aus dem Leben zu scheiden,
mit dem Zweig sich über Jahre beschäftigte hatte, wurde
schließlich am 22. Februar 1942 in die Tat um-gesetzt, als
er sich mit seiner Frau Lotte im Schlafzimmer des gemieteten Landhauses
mit Veronal das Leben nahm.
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Erarbeitung:
Daniela Broich,
Caroline Sander |
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