Bericht über die Preisverleihung

Jetzt haben auch die Frauen ihren Literaturpreis

„Der jetzt zum ersten Male verliehene Literaturpreis des deutschen Staatsbürgerinnenverbandes wurde im vorigen Jahr gestiftet, um unveröffentlichte Werke junger Autorinnen zur Geltung zu bringen. Er war für die schreibenden Frauen unter 35 Jahren bestimmt, für die Generation, die ihr Weltbild in den Inflationsjahren geformt hat, deren Berufs- und Lebensschicksal durch die Zerstörung des Besitzes maßgebend beeinflusst worden ist. Fast ein halbes Jahr lang arbeitete die Jury, zu der Alice Berendt, Ina Seidel, Gertrud Bäumer, Alfred Döblin und Rudolf Kayser gehörten, an der Prüfung von 178 eingesandten Werken. Für die Preisverteilung einigte man sich, wie schon kurz berichtet wurde, auf zwei fast unbekannte Begabungen: Elisabeth Langgässer und Käte Biel.


1932

Elisabeth Langgässer, früher Lehrerin, 32 Jahre alt, arbeitet mit dem geistigen Fundus historischer und philosophischer Bildung. Sie spricht von ihrer rheinischen Heimat wie von einem Menschen mit geheimnisvollen, schwer zu ergründenden Beziehungen. Aus der Fixierung an die rheinische Landschaft und ihre uralten geistigen Traditionen entstand die eine der beiden preisgekrönten Erzählungen, „Prosperina“, die Lebensgeschichte eines Kindes, das, von den Urelementen dieser Landschaft verlockt, in der Vergangenheit heimisch wird.

Vor zwei Jahren hat Elisabeth Langgässer die sichere Existenz einer staatlich angestellten Lehrerin aufgegeben. Unter schwierigsten äußeren Lebensumständen in Berlin schrieb sie die zweite, ebenfalls preisgekrönte Arbeit, „Mars“, eine Novelle aus der Zeit der Besatzungsarmee; die Inflationswirren, der Schmuggel und die Prostitution im besetzten Gebiet kommen nach sieben Jahren zu künstlerischer Gestaltung.“ [...]

(aus: „Berliner Tageblatt“ vom 26 Juni 1931)

 

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Erarbeitung:
Susan Hiep
Ariane Neuhaus