Toller, der Weitsichtige
„Die Uhr zeigt eine Minute vor zwölf“

Nach dem Scheitern der Räterepublik und seiner Haftzeit beendete Toller seine Karriere in der Politik als Parteimitglied. Wieder in Freiheit, blieb die Synthese aus Literatur und Politik für ihn jedoch weiterhin selbstverständlich. Früher als die meisten deutschen Intellektuellen erkannte der Expressionist die Gefahr, die von Hitler und den Nationalsozialisten ausging. Überzeugt von der Möglichkeit, durch das geschriebene und gesprochene Wort die politische Realität wandeln zu können, stieg er immer wieder aufs Rednerpult, um das Land wachzurütteln.


Toller und Hasenclever

„Reichskanzler Hitler wird die Errungenschaften der Sozialdemokratie, auf die die Partei so stolz ist, mit einem Federstrich beseitigen. Über Nacht werden alle republikanischen sozialistischen Beamten, Richter und Schupos ihrer Funktion enthoben sein, an ihrer Stelle werden faschistisch zuverlässige Kaders treten. [...] Wer heute über Reichswehr, Polizei, Verwaltung und Justiz verfügt, ist in normalen Situationen kaum mehr aus dem Sattel zu heben. Und die , Opposition?, werden Sie fragen. [...] Die Entwicklung der militärischen Technik ist dermaßen fortgeschritten, daß selbst wenn die Opposition sich zur Wehr setzen sollte, sie gegen die Kampfmittel, über die die Regierung verfügt, Giftgas, Tanks und Fliegerbomben, nichts ausrichten könnte."


Diese seine treffsicheren Prognosen blieben in der Endphase der Weimarer Republik jedoch unbeachtet. Ohne Partei und nachdem die Bühnenstücke nicht mehr an die Erfolge seiner in Haftzeit aufgeführten Dramen anknüpfen konnten, fehlte seinen Äußerungen die entsprechende Plattform und die Überzeugungskraft. Aufmerksamkeit erhielt er jedoch von den Nationalsozialisten, die er mit seinen öffentlichen Aussagen provozierte.